Grafenaschau

In Aschau, der Eschenau, sind die ersten Siedler im 15. Jahrhundert erwähnt. Nachdem dort und in der Umgebung auch auf Veranlassung des Kloster Ettal Schwaighöfe, also Viehhöfe, entstanden waren, fasste dort 1487 Heintz Hochenleuthner als Einzelschwaiger Fuß. Zweieinhalb Jahrhunderte später sollte einer seiner Nachkommen, ein Hohenleitner, die Witwe eines Glashüttenbetreibers heiraten und mithilfe dieser tüchtigen Frau zum Unternehmer werden.

Zunächst jedoch, so erzählt uns ein Votivbild, musste 1517 ein junger Bär einen Hohenleitner retten, der sich als Vierjähriger im Wald verirrt hatte. Drei Tage lang nahm er das Kind in Obhut, und es ist zu hoffen, dass man ihm die gute Tat nicht mit einer Kugel lohnte.

Die Glashütte

1731 zog der Glashüttenmeister Johann Georg Trischtler nach Aschau am Rand noch dichter Wälder und errichtete dort mit Genehmigung des Abtes und des Kürfürsten Karl I Albrecht eine Glashütte.
Er starb ein Jahr nach der Gründung. Seine Witwe führte die Hütte fort und heiratete 1734 eben einen „Hochenleutner“. Es wurde vornehmlich Gebrauchsgläser und Scheiben hergestellt. Diese waren auch impulsgebend für die Entwicklung der Glasmalerei in der Murnauer Gegend. Die wechselvolle Geschichte der Glashütten-Dynastie der Hohenleitner endete 1850 als Andreas Hohenleitner kinderlos starb. Die Glashütte wurde an den Grafen von Quadt-Isny verkauft. Der Name „Grafenaschau“ wird zunächst nur für das Areal der Glashütte gebraucht, hat sich aber dann für das ganze Dorf etabliert. 1890 wird der Betrieb eingestellt.Die Gemeinde hält die Erinnerung durch den Glashüttenrundweg lebendig. Auch zeugt ein außergewöhnlich schöner Glasleuchter in ihrer Kirche von der Kunstfertigkeit der Glasmacher.

Die Besitzer Quadt-Isny bewirtschafteten weiter ihre Waldungen, bauten 1853 den sogenannten Grafenweg. Sie errichteten noch vor den ersten Weltkrieg ein wassergetriebenes Sägewerk und verkauften auch große Mengen Holz an ein in der Nähe des heutigen Bahnhofs befindliches Dampfsägewerk. 1921 verkauften sie ihren Besitz an den Staat, und dieser veräußerte im selben Jahr 260 ha davon an die Freifrau Pauline von Stumm, die ihre Liegenschaft bis 1968 behielt.

Ein abschüssiger Steinweg in Grafenaschau, der mit grünem Moos und kleinen Pflanzen bewachsen ist und im oberen Bereich von Laubwerk begrenzt wird.
Die Pflasterung des Grafenweges in Grafenaschau; CC0

Die Bremsbergbahn

Auf dem Grafenweg musste das Holz im Winter mit Schlitten per Hand oder mit dem Pferd geholt werden, und wenn zu wenig Schnee lag, war dies erst im darauffolgenden Jahr möglich. Der Staatsforstverwaltung reichte dieser der Weg nicht, vor allem wegen umfangreicher Windwürfe 1919, die auf den alten Fotos teilweise gut zu sehen sind.Vielleicht auch als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme baute sie bis 1924 nach den Entwürfen der Experten aus Ruhpolding eine sogenannte Bremsbergbahn, eine Standseilbahn wie sie ansonsten eher nur in Bergwerken Verwendung fand. Sie führte über Schottertrassen und zehn, teilweise sehr lange Holzbrücken auf den Angerkopf, zum höchsten Punkt und dem Ende des bisherigen Weges. Von dort ging dann eine Dieselbetriebene einspurige Stichbahn in den Lahnegraben hinunter. Zum dortigen Sammelpunkt wurde das Holz auf Riesen und Schlittenwegen beigezogen. Heinrich Brohmeyer, der als Kind noch den Betrieb der Bahn miterlebte, hat uns im Jahrbuch des Historischen Vereins Murnau eine anschauliche Schilderung hinterlassen. Leider musste die Bahn schon 1933 wieder aufgegeben werden: Man hatte zum Bau das auf der Trasse geschlagene frische Fichtenholz verwendet und mit Teer gestrichen. Die als Konservierung gedachte Maßnahme erwies sich als fatal: Das Holz konnte nicht austrocknen und verfaulte.

Heute finden sich im Wald noch die Spuren, Reste der Bruchsteinmauern und lange Schottertrassen. Die eleganten Holzbauwerke aber sind völlig verschwunden.

Durch den Wald der Grafenaschau zieht sich ein hölzernes Leitungsbauwerk, aufgeständert auf Stützen, mit Baumstümpfen und gerodetem Boden darunter.
100 m lange Brücke im Angerwald; © Wolfram Brohmeyer

Grafenaschau heute

Die Gemeinde Schwaigen-Grafenaschau pflegt ihre Tradition und präsentiert sie in einem großen Ausstellungsraum über ihrem Dorfladen, der mit einem außergewöhnlich vielfältigen Sortiment die regionalen Erzeugerinnen und Erzeuger unterstützt.

Siehe

https://www.schwaigen.de/

Literaturverzeichnis

Brohmeyer Heinrich (1995): Gebirgswalderschließung im Raum Grafenaschau. In: Jahrbuch historischer Verein Murnau 16 (16), S. 89–110

Butz Hans: Grafenaschau. Geschichte einer ehemaligen Kosterschwaige.o.J.

Krätz Otto; Priesner Klaus: Die ettalische Glashütte in Aschau. In: Jahresbericht 1984 Historischer Verein Murnau am Staffelsee e.V., 5.Jahrgang Heft 8, S. 41–56.

Malzer Christian: Zwischen Mythos und Moderne – Die Ettaler Klosterwälder und ihre Nutzung. In: Klaus Pukall (Hg.): Die Ettaler Klosterwälder im Wandel der Geschichte. Geschichte Gestalten Geschichte: Ettaler Manndl, S. 176–463.

Ober Luitraud (1956): Kohlgrub. Eine Ortsgeschichte. mit besonderer Berücksichtigung der Zeit unter beiden Klöstern Rottenbuch und Ettal 1295/1330-1803. St. Ottilien: St. Ottilien.

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