Scharnitz siedelt an einer strategisch wichtigen Talenge, die schon zu Zeiten der Römer mit einem Kastell namens Scarbia gesichert wurde. Die Handelsstraße Venedig-Augsburg, die Via Raetia, führte durch dieses Tal.
Unmittelbar südlich der Talenge liegt Scharnitz und es öffnen sich auch die Zugänge zum Karwendeltal, dem Isarursprung im Hinterautal, dem Gleirsch- und dem Samertal.
763 wird es als zur Grafschaft Werdenfels gehörig erwähnt. Ob das Kloster Scharnitz hier oder in Klais nördlich von Mittenwald lag, ist umstritten. Bis zum 17. Jahrhundert blieb diese Talenge im Besitz der Freisinger Fürstbischöfe.[vc_single_image source=”featured_image”]Die Geschichte von Scharnitz ist durch Jahrhunderte geprägt von Grenzstreitigkeiten, die wegen der strategischen Bedeutung der Talenge gepaart mit der relativen Machtlosigkeit der Grafschaft Werdenfels nicht zur Ruhe kamen.Die Grenze zu Tirol lag bis 1500 beim Schloß Seefeld. Um 1500 verloren die Freisinger unter Fürstbischof Phillip bei einem Vertrag mit Kaiser Maximilian den Anspruch auf Gelände von Seefeld bis zur Gießenbachbrücke, Karlingerhof, Hinterautal bis Lafatsch, Tortal und Ronberg. Das Wegerecht mit Vieh und Holz bis zum Karlinger Hof wurde den Mittenwaldern belassen.
Die Geschichte der Festung
Die Feste Scharnitz, die Porta Claudia, entstand in 30jährigen Krieg, als die Tiroler fürchteten, der Kleinstaat Werdenfels werde die Schweden nicht aufhalten können. Schon 1611, als die Burg Schloßberg bei Seefeld verfiel, errichteten die Tiroler eine Schranke und ein Wachhaus an der Isarbrücke. Die Mittenwalder, die im Karwendeltal 5 Almen unterhielten und über viel Wald verfügten, protestierten vergeblich.
Dann kam 1632 der Ausbau mit Palisaden und Graben, 1646 beim nächsten Schwedeneinfall der Ausbau zur Porta Claudia mit Festungsmauern und Vorwerk.
Die Grafschaft Werdenfels war in den Wirren der Zeit unfähig, diesen Schwarzbau auf ihrem Grund zu verhindern. Die ursprüngliche Zusicherung, den Bau zu entfernen, wich bald den harten Fakten, bzw. 1652 einem mehr oder weniger erzwungenem Tausch gegen den Karlinger Hof. Besonders bitter war dies für die Mittenwalder und ihre umfangreichen Weide- und Holzrechte im Karwendeltal. Obwohl es hieß: “Blumbesuch, Holzschlag, Wun, Wasser und Waidt auch ausbringung des Gehülzes allerdings wie von alters hero verbleiben” war Durchzug von Vieh und der Transport von Holz durch die Festung der jeweiligen Stimmungslage ausgeliefert, die wegen ständiger Grenzstreitigkeiten und gegenseitiger Übergriffe auf Wald, Beschlagnahmung von Vieh etc auch im Wetterstein und im Rheintal bisweilen ziemlich angespannt war.
Dazu kam die Sorge, dass Mittenwald nun Vorfeld kriegerischer Auseinandersetzungen werden könnte, eine Sorge, die sich in den folgenden Jahrhunderten bitter bestätigte.
Der Spanische Erbfolgekrieg, bayerischer Überfall und Tiroler Gegenschlag führten durch diese Scharnitzer Enge. Ebenso war die Feste ein Jahrhundert später in den Napoleonischen Kriegen heftig umkämpft.
1803 hörte Werdenfels mit der Aufhebung des Hochstifts Freising auf zu existieren. Mit Bayern saß jenseits der Grenze nun ein anderer Gegner. 1809 demolierten die Bayern endgültig das Bauwerk beim Anschluss von Tirol. Womit die Kämpfe bis 1814 noch nicht zu einem Ende kamen.
Was all dies, die Schlachten und Einquartierungen, sowie der Durchzug mehr oder weniger marodierender Truppen für die Einheimischen von Seefeld bis Mittenwald bedeutete, kann kaum ermessen werden. Viele überlebten nicht.
Umschlagplatz für Holz
Bedeutend blieb Scharnitz für den Handel mit Holz, das aus den Tälern des Karwendel am Scharnitzer Rechen ankam, dort aufgefangen, sortiert, aufgegantert und weitergehandelt, Richtung Mittenwald geflößt, nach Tirol verladen oder aber zunächst verkohlt wurde.
Tor zum Naturpark Karwendel
Nach der Erschließung des Karwendel mit Forststraßen waren Rechen und Lände überflüssig geworden. Das Museum Holzerhütte und ein Infozentrum für den Naturpark Karwendel hat diesen Platz nun in eine neue Zeit geleitet, in der die Bedeutung des Waldes vielfältig dargestellt ist.
Literaturverzeichnis
Brandner Josef; Spichtinger Heinrich (1993): Rund ums Landl. Altwerdenfelser Grenzsteine und Felsmarchen. Geschichte.Denkmäler. Geschichten: Adam Verlag.
Heiß Sieglinde: Von Holzerhütten, Trift und “Länd” in Scharnitz. In: Tiroler Chronist 1989, S. 20–30.
Oberrauch Heinrich (1952): Tirols Wald und Waidwerk. Ein Beitrag zur Forst- und Jagdgeschichte. Innsbruck: Universitätsverlag Wagner.
