Zunächst war die Schwerkraft die wichtigste Kraft und das Wasser das wichtigste Transportmittel, um Holz aus den Bergen an die Orte des Bedarfs zu bringen. Treiben und Schlitten, Trift und Flößerei brachten die Stämme zu Tal und in die Ebenen.
Es musste schon dringenden Bedarf beziehungsweise gute Bezahlung geben, um Saum- und Zugtiere einzusetzen, um Holz über Land und über die Wasserscheide zu bringen. Eher noch boten sich politische Lösungen an: Der Tausch ganzer Wälder bzw ihrer Erträge.
Als besonders der Bedarf der Saline Hall immer schwerer zu decken war, traten im 18. Jahrhundert Großkonzessionäre auf den Plan, die in großem Stil Straßen, Loiten und Riesen erstellten, um das Holz aus Bayern über die Wasserscheide und an den Inn zu bringen.
Die Umstellung des Salinenbrands auf Kohle und der Ausbau der Eisenbahn führte zunächst zu einer Blüte örtlicher Holzindustrien, die mit dem Ausbau der Forststraßen und dem Umstieg auf LKW-Transport ein Ende nahm.
Die Ausgangslage
In Bayern bzw. Werdenfels wurde das Holz entweder in die Ballungszentren geflößt oder getriftet, ansonsten fand die Verarbeitung des Holzes vor Ort meist als Brennholz statt: Ziegeleien, Kalkbrennereien, Köhlereien schickten dann ihre Waren per Floß in die Städte.
Die Lage in Tirol war bis ins 19. Jahrhundert geprägt von dem Holzbedarf der Saline Hall und der Bergwerke in Schwaz und Brixlegg. Die Saline bzw. das Salz-Bergwerk Hall verschlangen Unmengen Holz und bezogen das Holz zuerst aus dem Halltal, dann aus den Wassereinzugsgebieten des Inn, wo es in Flößen oder getriftet bis nach Hall schwamm.
Die Wälder jedoch, die zwar nahebei in Tirol, aber im Norden der Saline liegen, speisen ihr Wasser nach Norden. Die Bäche durchziehen das Karwendel mehr oder weniger quer ost- oder westwärts und münden letztlich alle in die Isar, taugten also zur Flößerei nach München. Im Westen eilt der Lech aus dem Außerfern nach Augsburg, auch dort also war für die Saline zunächst kein Holz zu bekommen.
Doch über die Jahrhunderte hinweg wurden zunehmend Anstrengungen unternommen, das Holz über die Wasserscheide zu bringen.

Ab dem 13. Jahrhundert: Gegen die Schwerkraft
In der Saline nächstgelegenen Gleirsch- und Samertal lohnte sich schon im 13. Jahrhundert die Mühe, das Holz für das Bergwerk mit Saumtieren das Tal hinaufzusäumen – daher der Name des Samertales. Oben lagerte man es und warf im Frühjahr die künftigen Bergwerksstempel über das Joch, das heute noch Stempeljoch heißt, in das Isstal, wo es über dem Nassschnee bis zum Issanger hinunterglitt. Dort wurde es mit Fuhrwerken abgeholt und zu Salzbergwerk gebracht. Auch über das Lafatscher Joch kam Holz bzw. Kohle, die von den Schmieden des Bergwerks benötigt wurde.

Der Straßenbau für den Holztransport begann sehr früh im Gleirschtal schon im 13. Jahrhundert, – in den meisten anderen Waldtälern wurde er erst im 20. Jahrhundert in Angriff genommen.
Wahrscheinlich wurden auch mit den Saumtieren und Fuhrwerken, die Salz über den Fernpass Richtung Schweiz und Bodensee brachten, auf dem Rückweg Holz über die Wasserscheide transportiert. Belegt ist der Holztransport von Salinenbrennholz über den Fernpass jedoch erst im 18. Jahrhundert.Als dann ab dem 15. Jahrhundert das Silber-Bergwerk in Schwaz bedeutend wurde, holte man das Holz dafür auch aus dem Gebiet des Achensees. In Achenkirch band man Flöße zusammen, die unterstützt vom „Boarwind“, dem Wind aus Bayern, bis zum Südende des Achensees gerudert wurden und dann auf Fuhrwerke verladen. Viel Holzenergie ging dort als Holzkohle zum Bergwerk. Auch dafür nutzte man im Winter den zugefrorenen See als Transportweg nach Süden.
Holzhandel Bayern-Tirol
Im 16. Jahrhundert werden über die Grenze nur Spezialsortiment gehandelt, bei denen sich der weite Transport lohnt.
Der bayerische Kurfürst fragte 1556 in Innsbruck nach 100 Lärchenstämmen, die er in seinem Herzogtum nicht mehr bekommen konnte. Tirol hatte dafür großes Interesse an Ulmenholz, das die Rüstungsindustrie für Büchsenschäfte brauchte. In Benediktbeuern und Ettal, sowie in den fürstlichen Wäldern bei Kochel und aus dem Werdenfelser Mittenwald ersuchten die Innsbrucker um dieses Holz.
Bei der ersten Anfrage der Saline Hall am Kloster Ettal 1557 ging es um Fassdauben und Fassbänder, für die spezielles Holz gebraucht wurde.
Anders verhielt es sich am Lech bzw. in Schwaben, wo die Augsburger schon im 16. Jahrhundert Trift- und Floßholz aus Tirol bezogen. Hier gelang es erst den Gebrüdern Hirn ab 1763 erhebliche Mengen am Weißenbacher Rechen für Hall abzugreifen.
Wechselwald
Bayern und Tirol regelten ihre „Außenhandelsbilanz“ mit dem Wechselwaldvertrag von 1610: Die Wälder im Einzugsbereich des Rißbachs und der Dürrach wurden Bayern zur Nutzung überlassen, während Tirol im Gegenzug Wälder im Besitz des Klosters Tegernsee in der Valepp zur Nutzung bekam. Dies war für Tirol besonders günstig wegen des Transportes zum Bergwerk in Brixlegg.

Das 17.Jahrhundert und der Zugriff auf das Karwendel- und Hinterautal
Im 30jährigen Krieg bemächtigte sich Tirol der Scharnitzer Enge, baute eine Feste dort und kontrollierte damit die südlichen Karwendeltäler. Dorthin wurde von alters her aus dem Hinterautal und dem Karwendeltal getriftet und ab Scharnitz geflößt.
Infolgedessen kam es wegen der strittigen Grenze zwischen der Grafschaft Werdenfels und Tirol vor allem in Scharnitz und im Karwendeltal wiederholt zu Konflikten. Die Festungsbesatzung konnte sowohl den Holztransport aus dem Karwendeltal sowie den Viehauftrieb verhindern.
Vermutlich wurde deshab schon im 17. Jhd mit Fuhrwerken Holz und Kohle von Scharnitz über den Seefelder Sattel, sowie aus dem Gaistal transportiert.
Im 18. Jahrhundert wurden große Teile des Karwendeltales Tirol zugeschlagen.Spätestens ab diesem Zeitpunkt ging viel Holz per Fuhrwerk nach Tirol.
Weiterhin kann man davon ausgehen, dass ein Transport über den Fernpaß mittels der zurückkehrenden Salzfuhrwerke stattfand.

Die Holznot im 18. Jahrhundert und
die großtechnischen Lösungen der Gebrüder Hirn
Obwohl es schon früher lokal zu Holzknappheit gekommen war, wurde das Problem im 18. Jahrhundert immer drängender. Diese Energiekrise beschäftigte die Politik und die öffentliche Debatte. Der Holzbedarf der Saline konnte nicht mehr aus den bisherigen Einzugsgebieten gedeckt werden.
Die Holznot der Saline und er zunehmende Zentralismus in Österreich begünstigte den Aufstieg der Holzkonzessionäre Gebrüder Hirn. Sie kauften Holz „auf dem Stock“, das heißt noch stehend in den Wäldern, schlugen ganze Waldpartien kahl und organisierten den Transport.

Ihre Holzertrupps hinterließen rabiate Eingriffe in den Wald, nicht nur im direkten Einzugsgebiet des Inns oberhalb von Hall, im Pustertal und im Engadin, sondern auch dort, wo ein Weg aus den nordwärts gelegenen Wäldern über die Wasserscheide an den Inn erzwungen werden konnte. Den Namen Hirn findet man an diesen entscheidenden Punkten:
- In Scharnitz führt ein „Hirnweg“ noch heute Richtung Gießenbach.
- Im Leutasch, bauten sie die „Hirnrinne“ eine Wasserrinne, die mit minimalem Gefälle um den ganzen Bergstock herum bis hinunter nach Buchen führte.
- Am Lech errichteten sie den Rechen bei Weißenbach und auch dort einen Hirnweg Richtung Heiterwang, um den Weg zum Fernpass abzukürzen
- Vom Ende des Graswangtales führten sie eine lange Wasserriese bis an den Plansee.
- von der Fernpasshöhe gab es eine 14 km lange Riese an den Inn hinunter, deren Betrieb bei Tag und Nacht bei Fackelschein einigermaßen spektakulär gewesen sein muss
Der aufwendige Transportweg vom Ammerwald über den Fernpass lohnte sich für die Gebrüder Hirn da der Stockverkauf für die Holzunternehmer sehr preiswert war. Auch aus der Gegend um Garmisch soll in dieser Zeit Holz an die Saline gegangen sein.
Als 1775- 1803 dank der Verträge des Klosters Ettal mit den Gebrüdern Hirn folglich erhebliche Mengen Holz aus den Ammerwaldungen nach Hall geliefert wurden, war an die Genehmigung des bayerischen Kurfürsten die Bedingung geknüpft, dass dieselbe Menge Holz aus den tirolischen Karwendeltälern bei Scharnitz nach Bayern exportiert werde.
Der Wechselwaldvertrag bestand weiter fort und wurde 1775 zum letzten Mal verlängert.
Das 19. Jahrhundert:
Der Siegeszug der Kohle und der Bahn
1803 hörte die Grafschaft Werdenfels auf zu existieren und wurde von Bayern vereinnahmt. Die Kirchengüter kamen mit der Säkularisation in Staatsbesitz.
Der Vertrag mit den Gebrüdern Hirn bezüglich des Ammerwalder Holzes wurde trotz entsprechender Anfragen nicht mehr verlängert.
1803 -1804 verbesserten diese die Gaistaler Hirnrinne durch eine große Klause. 1802-1815 wurden dort durch 200-300 Holzknechte jährlich 160 000 rm eingeschlagen, bis die Klause bei einem Unwetter zerstört wurde.
1821 wurde erstmals das Holz aus den ehemalig Ettalischen Wäldern im Halbammergebiet nach Dachau getriftet.
Der Wechselwaldvertrag wurde für die Versorgung Münchens nicht mehr benötigt.
Bis in die Mitte des 19 Jahrhunderts gelang es, die Technik der Saline allein auf den Betrieb mit fossiler Kohle umzustellen. Außerdem gingen ab 1860 immer mehr Bahnlinien in Betrieb, so dass der Ferntransport des Holzes auf dem Wasser langfristig von dieser Technik übernommen wurde
Das 20. Jahrhundert
Die Verarbeitung vor Ort wurde von den Bahnanschlüssen gefördert. Das Holz, dass in gewaltigen Ganterplätzen am Rande der Wälder lag, konnte nun noch einmal besser vor Ort verarbeitet und die Produkte per Bahn verschickt werden. Im Ammergau blühte die Sägeindustrie auf, an der Isar entstand die Papierfabrik in Fleck und die Firma Moralt in Tölz, die vor allem Holzplatten produzierte.
Der Nationalsozialismus
In der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Einschlag forciert, aus dem Raum Achenkirch ist bekannt, dass erhebliche Mengen Holz zu den Kasernen in Tölz und Landsberg transportiert wurden. Im Graswangtal entstanden Holzriesen in bislang unerschlossene Gebiete.
LKW-Verkehr und der Bau der Forststraßen 1950-1980
Erst mit dem Aufkommen von Lastkraftwagen wurde es möglich das Tiroler Holz wiederum aus der Dürrach auf den Umweg über Lenggries – die Queralpenstraße war noch nicht ausreichend ausgebaut – Richtung Achenkirch zu transportieren.
Mit dem Vordringen der Erschließung in die Wälder durch LKW-fahrbare Straßen, verschwanden die großen Ganter am Waldrand. Das Holz konnte direkt vom Wald in die Betriebe gefahren werden. Nur wenige ortsansässige Holzindustrie konnte sich im Zuge von Rationalisierung und der Konzentration in Großbetrieben halten.
Literaturverzeichnis
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