Hirschzungen-Schluchtwald westliche Tortalalm

Seltene Waldgesellschaft

Standortstyp: Karbonat-Alpendost-Fichten-Tannen-Buchen-Wald mit Kahlem Alpendost

Kurzbeschreibung:
Der Hirschzungen-Schluchtwald westliche Tortalalm ist Laubmischwald aus Bergahorn, Esche, Ulme und Buche mit Vorkommen des seltenen Hirschzungenfarns (Asplenium scolopendrium) und der Mondviole (Lunaria redivia). Der Bestand erstreckt sich im Talkessel des Tortals auf 1240 m Seehöhe entlang des Hangfußes. Die Breite des unterhalb einer schrägen Felsplatte verlaufenden Bandes variiert sehr stark, da sich der Mischwald hangaufwärts in mehrere Gräben fortsetzt bzw. immer wieder von Felsrippen durchzogen wird. Am Südrand verläuft ein Wanderweg, unterhalb schließen Legbuchenbestände, Hochstaudenfluren bzw. der Bachlauf an.

Bedeutung und Beurteilung:
Es handelt sich um einen im gesamten Rißtal einzigartigen Standort. Diese Laubmischbestände zählen zu den seltensten Waldgesellschaften des Karwendels und sind daher hochgradig schützenswert! Auf dem kleinblockigen Hangschuttmaterial aus Wettersteinkalk hat sich eine relativ Feinerde-arme, jedoch äußerst stark humose und tiefgründige Rendsina entwickelt, die von starkem Nährstoffeintrag geprägt ist. Die Böden in den Gräben sind skelettärmer und sehr Feinerde-reich.
Die Abgeschlossenheit des Talkessels, der nach Süden hin von den über 1000 m aufsteigenden Torwänden begrenzt wird, schafft trotz Süd- bis Südostexposition ein schluchtähnliches Kleinklima. Vegetationskundlich lässt sich die Biotopfläche dem Hirschzungen-Bergahorn-Schluchtwald zuordnen. Die Baumschicht wird vom Bergahorn beherrscht. Das mittlere Bestandesalter beträgt 140, das Maximalalter etwa 250 Jahre. Die Strauchschicht ist teils nur gering entwickelt, auf den baumfreien, stark Lawinen-beeinflussten Schuttkegeln hingegen äußerst üppig (Ahornjungwuchs). Die Krautschicht zeichnet sich durch große Diversität und Artenreichtum aus.

Der Ostabschnitt liegt unterhalb einer steilen Felswand, schwenkt bereits nach Nordosten und wird durch den Talkessel klimatisch kaum mehr beeinflusst. Viele an das Grabenklima angepasste Arten treten daher zurück, so auch Bergulme und Esche, wogegen die Mondviole und die Hirschzunge immer wieder vorkommen. Letztere besiedelt am Nordrand sogar völlig strauch- und baumlose Schuttflächen.

Der Westabschnitt der Biotopfläche entspricht eher dem Mondviolen-Ahornwald (Lunario-Aceretum pseudoplatani). Dort treten in einer äußerst üppigen Hochstaudenvegetation die Charakterarten Glanzkerbel (Anthriscus nitidus) und Breitblättrige Glockenblume (Campanula latifolia) auf, die Mondviole ist stellenweise absolut dominant. Die Baumschicht wird von zahlreichen vitalen Bergulmen beachtlichen Umfangs geprägt.

Biotopwert:
Der Fläche wird im systematischen Bewertungsmodell ein hoher Biotopwert zuerkannt. Allerdings verhindern diverse Nutzungsspuren, geringe Massenanreicherung, der (nicht untypische) einschichtige Bestandesaufbau u.a. den höchstmöglichen Wert, der aufgrund der im Karwendel einmaligen Ausprägung mit Hirschzungenfarn und der hohen Diversität an diversen Waldgesellschaften unwillkürlich und wohl auch berechtigt vergeben wurde.

Rückfragen bitte direkt beim Naturpark Karwendel oder bei:

DI Dr. Michael Haupolter
Amt der Tiroler Landesregierung, Abt. Umweltschutz
Tel.: + 43 (0) 512 508-3466
michael.haupolter@tirol.gv.at

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