Die Geister auf dem Kohlefuhrwerk

Eine Sage vom Achensee erzählt vom Kohletransport Richtung Jenbach:

Manchmal, wenn die Achentaler Fuhrleute in später Nacht die Straße den See entlang heimwärts fuhren, dann hörten sie hinter sich im Kohlenpendel ein seltsames Huschen und Flüstern. Die Gäule wurden unruhig, fingen an zu schnauben und zu dampfen, als wenn sie eine weiß Gott welch schwere Fuhre zu ziehen hätten und dabei war es doch nur ein leeres Kkohlenpendel. Freilich, die Fuhrleute wußten, was an dem Schuld hatte! Die Seegeister hatten sich auf ihre Wagen gesetzt und ließen sich ein Stück weit fahren. Wenn die Geisterfuhre zum Hechenberg kam, wo ein Muttergottesbild am Felsen hängt, dann blieben die Pferde von selbst stehen, und die Geister konnten wieder aussteigen. Von da weg griffen auch die Gäule wacker aus und das Gefährt kam so schnell vorwärts, wie es sich eben für einen leeren Wagen gehört.

Ein Fuhrmann verrichtete jeden Tag bei der Hechenberger Muttergottes ein andächtiges Gebet – und siehe: Er wurde nie von den Seegeistern belästigt. Wenn die Wagen der anderen Fuhrleute ächzten und knarrten unter dem Gewicht der Geister, sein Gefährt blieb leer. Die Geister saßen alle bei den Fuhrleuten auf, die weniger fromm waren als er.

Ein Fuhrmann hieb einmal mit der Peitsche nach hinten in den Wagen. Er flog sofort, von einer unsichtbaren Macht geschleudert, vom Wagen. Die Pferde kamen mit dem leeren Wagen allein heim. Der Fuhrmann wurde am Morgen, über und über mit Striemen bedeckt, gefunden. Er sagte, es war, als ob er vom Wagen in ein Meer von Brennnesseln und Dornen fiele. Dann wurde er bewußtlos.

Katharina Staudigl-Jaud 1965: Achentaler Heimatbuch 1965. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck S. 445

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