Rechen

Am Ende einer Triftstrecke musste das Holz aufgefangen und aus dem Wasser gezogen werden. Im einfachsten Fall, bei einem relativ ruhigen Gewässer und weniger Stämmen, hielten Verlegbäume das Holz auf. Meist aber fingen Rechen die schwimmenden Blöcher.

Die Rechen waren der Größe des Flusses angepasst. Sie reichten von kleinen Anlagen bis zu massiven Konstruktionen in Hall, Fall und München.

Illustriertes mittelalterliches Stadtbild mit einer ummauerten Stadt, mehreren Brücken über einen Fluss, Booten, Feldern und der umgebenden Landschaft.
Der große Holzrechen, Ausschnit der Stadtansicht Hall 1556; Schwazer Bergbuch Dip_856_Taf17, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum/Bibliothek
Schwarz-Weiß-Foto einer Holzbrücke über einen Fluss, auf der eine Person steht, umgeben von Bäumen und Gebäuden, mit einem Berg im Hintergrund.
Am Rechen in Scharnitz; Ortschronik Scharnitz, www.scharnitz.eu
Zwei Arbeiter stehen zwischen schwimmenden Baumstämmen in der Nähe einer Holzkonstruktion mit abgewinkelten Stangen, die wahrscheinlich zu einem Holzeinschlag oder Holztransport gehört.
Rechen im Zillertal; © Verlag Edition Tirol / Aschenwald

Organisation am Rechen

Am Rechen wurden die Stämme mit Trifthaken in Trift- bzw. Ländkanäle zu einem Ländsee geleitet, schon im Wasser vorsortiert und an Land gezogen oder mit Rössern „ausgemähnt“ wie es an der Isar hieß.

Historische Karte von Scharnitz mit beschrifteten Merkmalen wie einem Fluss, einem Damm, Brücken, einem See und verschiedenen Bauwerken, mit einer Legende, die jeden markierten Ort beschreibt.
Karte der Lände in Scharnitz; Sieglinde Heiß; Von Holzerhütten;Trift und “Länd”in: Tiroler Chronist 1989 S.31
Schwarz-Weiß-Foto eines Dorfes mit verstreuten Häusern, einem Fluss und Bergen im Hintergrund.
Scharnitz Blick Isarabwärts zum Rechen und Rechenbrücke; Ortschronik Scharnitz, www.scharnitz.eu
Ein Mann steht mit einem Stock im Wasser.
Sortierung mit dem Trifthaken im Ländsee; Foto Martin Kemser
Ein Mann hält eine Axt über ein Gewässer.
Sortierung im Ländsee 1938; Ortschronik Scharnitz, www.scharnitz.eu

Bauweise

Aus Scharnitz am Oberlauf der Isar sind uns einige Details überliefert: Der Rechen bestand aus starken Lärchenholzstämmen. Diese „Steftn“ waren unten zugespitzt und mit Eisen beschlagen. Sie wurden mit einer Pfahlramme, der „Steftnkatz“, in den Bachgrund geschlagen, wozu neun Männer notwendig waren. Sie hoben den Rammzylinder im Takt eines Arbeitsliedes.Dass die Bauweise der Rechen über Jahrhunderte entwickelt war, zeigt die Konstruktion des Rattenberger Rechens, an dem Anfang des 17. Jahrhunderts neun Arbeiter mit einem „Schlagwerk“ die „Jöcher“ in den Flußgrund versenkten.In Rattenberg kam das Holz aus dem Einzugsgebiet des Brandenberger Tals an, das zur Versorgung der Erzschmelze in Brixlegg benötigt wurde. Bis zum Bruch des Rechens 1584 trieb man die Lärchenstämme etwa 4-6 Schuh (1,2-1,6 m) in den Grund, später bis zu 14 Schuh. Zusätzlich stabilisierte man den Rechen, indem man seine Verankerung als Steinkasten gestaltete und entsprechend beschwerte. Uber die senkrechten Jöcher wurden Querlatten genagelt, an denen die Rechenzähne die „Spindelbäume“ befestigt wurden.

Wie gefährdet diese Bauwerke bei Unwettern und Klausbrüchen waren bezeugt der folgende Bericht über den Bruch des Rattenberger Rechens:

Ein alter, handgezeichneter Kartenausschnitt mit Flüssen, Hügeln und beschrifteten Gebieten mit kursivem Text im alten Stil.
Der Rattenberger Rechen an der Brandenberger Ache vor der Mündung in den Inn, 1. Landesaufnahme 1801-1805; Tiroler Landesarchiv

Der Bruch des Rattenberger Rechens

Über den Bruch des Rechens 1584 ist einiger Schriftverkehr überliefert:
Das bei Regen schon mittags am Rechen anlandende Holz war nicht entfernt worden. Als dann wegen des Unwetters im Brandenberger Tal an den Zuflüssen zwei Klausen geöffnet werden mussten, um einen Klausbruch zu vermeiden, kam um vier Uhr nachmittags ein hoher Wasserschwall samt Baumstämmen am Rechen an. Das Holz verlegte den ganzen Rechen, so dass das Wasser seitlich ausbrach und Anwohner ihre Häuser verlassen mussten. Die hektische Arbeit des Holzmeisters und seiner Mannschaft konnte nicht verhindern, dass der Rechen auf „fünf pamblenng“ brach und etwa 25000 Haller Span, also über 6000 fm Holz mit sich riss.
Im Oberlauf blieben 150 000 Stämme hinter Klausen liegen, so dass der Rechen schnellstmöglich ausgebessert werden musste, wenn nicht die gesamte Holzversorgung der Schmelzhütte Brixlegg in Gefahr geraten sollte.

Noch während der Reparatur kam es zu einem weiteren Unwetter und einem Klausbruch. In höchster Not zog und hackte man die Spindelbäume weg und ließ die Welle mitsamt dem Holz durch, um einen neuen Bruch des Rechens zu vermeiden. Diese Entscheidung trafen die Fürgedinger, der Hüttverwalter und andere, während der zuständige Holzmeister krank und weinend in seinem Bett lag.

Rechen in Bayern und Tirol

Im Prinzip stand am Ende jeder Triftstrecke ein Rechen oder waren Verlegbäume angebracht. Hier werden aber nur solche Rechen aufgezählt, die in der Literatur oder auf Karten verzeichnet sind.

Der erste Rechen an der Isar befand sich in Scharnitz, wo das Holz aus der oberen Isar und dem Karwendel und dem Gleirschbach ankam.

Der nächste Rechen entlang der Strecke war sicher in Fall, wo das Holz aus der Dürrach ausgekämmt wurde. Es sind auch Triften aus dem Rißbach überliefert, also dürfte es möglicherweise auch dort einen Techen gegeben haben.

Der letzte große Rechen an der Isar stand bis 1871 an der Praterinsel München.

Eine Karte einer Stadt.
Rechen an der Praterinsel; Stadtbach Richtung Englischer Garten, SO davon in braun der Holzgarten; Positionsblätter ca 1860; Geobasisdaten, Bayerische Vermessungsverwaltung; CC BY-ND 3.0 DE
Historische Karte mit detaillierten Bauplätzen, Straßen und handschriftlichen Beschriftungen, die ein städtisches Gebiet zeigen, das in unbebautes Land übergeht. Einige Kartenausschnitte erscheinen heller und weniger detailliert.
Königlicher Holzgarten München mit Rechen an der Praterinsel;, NW der Zusammenfluß mehrerer Stadtbäche erkennbar. davon hatte der Westermühlbach im Glockenbachviertel ebenfalls eine Holzlände; Uraufnahmeblätter 1808-1864; Geobasisdaten, Bayerische Vermessungsverwaltung, CC BY-ND 3.0

Bis zum Ende der Trift auf der Ammer hatte auch Weilheim einen Rechen und an der Amper an Dachauer Holzgarten war einer.

In den Uraufnahmeblättern Bayerns findet sich ein Rechen bei Benediktbeuern, wo er der Glashütte gedient haben dürfte.

In Weißenbach fischte ein großer Rechen das Holz aus dem oberen Lech und von dort führte die Hirnstraße in Richtung des Fernpasses.

Der große Rechen in Hall versperrte bis 1860 den Inn für die Schifffahrt.

Literaturverzeichnis

Heiß Sieglinde: Von Holzerhütten, Trift und “Länd” in Scharnitz. In: Tiroler Chronist 1989, S. 20–30.

Pamer Tobias; Neuhauser Georg; Maier Andreas (2021): Die Trift aus dem Brandenbergertal und die Bedeutung der Georessource Holz für die landesfürstliche Schmelzhütte Brixlegg (Tiroler Unterinntal) im 16. Jahrhundert. In: Der Anschnitt 73, S. 250–268.

Wilhelm, Andreas; Heigl, Martin (2021): Das Halbammergebiet und seine Geschichte. Altenau.

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Naturpark Karwendel